Echium vulgare // Gemeine Natternzunge
Beschreibung
Naturstandort von Echium vulgare
Die Gemeine Natternzunge ist in ganz Europa bis in das westliche Asien verbreitet. In Mitteleuropa dünnen die Vorkommen nur in den atlantisch geprägten Tiefebenen merklich aus. In Deutschland und auch in der Schweiz ist sie sehr weit verbreitet
Nordamerika wird nahezu flächendeckend neophytisch besiedelt.
Echium vulgare ist eine Kennart der Sandtrockenrasen, die bevorzugt in den basenreichen, etwas nahrhafteren Ausprägungen besiedelt werden.
Echium vulgare in einer ehemaligen Kiesgrube, die als Badestrand genutzt wird.
Die Art kommt aber auch stetig in Trockenrasen auf Kalkböden, in (ruderalen) Möhren-Steinkleefluren auf Schotterböden und in gelegentlich gestörten Ackersäumen vor. Auf zweijährigen Sand-Ackerbrachen entstehen mitunter eindrucksvolle Massenbestände.
Die Standorte sind meist vollsonnig und wärmebegünstigt. Die Wasserversorgung ist mäßig trocken bis frisch, dann aber immer sommertrocken.
Die Stickstoffversorgung ist mäßig. Basenreiche Substrate werden bevorzugt, die Art gedeiht aber gelegentlich auch auf sauren Substraten.
Ökologische Zeigerwerte nach ELLENBERG ... zur Legende
Licht (9) Temperatur (6) Kontinentalität (3) Feuchte (4) Reaktion (8) Stickstoff (4)
Massenbestand auf einer Ackerbrache mit einem weißen Individualisten im blauen Meer
Beschreibung
Echium vulgare ist eine meist Zweijährige bis - sehr selten - kurzlebige Staude. Sie überwintert grün mit einer vielblättrigen Rosette, die einer ausgesprochen tiefreichenden, kräftigen Pfahlwurzel entspringt. Die Blätter sind rau behaart. Die feinen Stachelhaare bleiben beim Anfassen unangenehm in der Haut stecken.
Der hochaufgerichtete, vielblütige Blütenstand erreicht in Abhängigkeit von der Stickstoffversorgung Wuchshöhen von 30 bis 100 cm, im Extrem bis zu 170 cm. Die Blüten sind mittelblau mit einem mehr oder weniger starkem Violettstich, seltener rosa oder sogar weiß.
Blau-Gelb-Kontrast mit Färber-Hundskamille (Anthemis tinctoria).
In der Landschaft kann man blühende Exemplare von Mitte Mai bis in den Oktober hinein beobachten, die einzelne Pflanze blüht jedoch nur etwa vier bis sechs Wochen. Die versetzten Blühzeitpunkte hängen mit dem Zeitpunkt der Keimung und dem Einfluss von Schnittmaßnahmen zusammen.
Die Samenstände sind den Winter hindurch strukturstabil, ihre Ästhetik ist von morbidem Charme, der sich vielleicht nicht jedem Betrachter auf den ersten Blick erschließt und auch nicht in jede Situation passt.
Mit Acker-Wachtelweizen,
Großblütiger Königskerze und
Reiher-Federgras.
Verwendungshinweise
Echium vulgare ist vermutlich das schönste, gartenwürdigste Unkraut Mitteleuropas, noch klar vor der Wegwarte (Cichorium intybus).
Es darf in naturhaften, mageren Trockenwiesen und sonnig-warmen Staudensäumen eigentlich nicht fehlen. Glaubwürdige Kooperationspartner wären hier z.B. Gewöhnliche Seifenkraut (Saponaria officinalis) oder auch der Gewöhnliche Pastinak (Pastinaca sativa).
Auch in steppenartigen Anlagen ist es - in Maßen - eine wirkungsvolle Bereicherung.
Zum Glück stellt es sich auf allen trockenwarmen, etwas lückigen Flächen früher oder später von alleine ein. Lediglich in der nord-westdeutschen Tiefebene müsste man nachhelfen. Sobald sich allerdings die Vegetationsdecke schließt, muss man sich überall aktiv um den Fortbestand der Art kümmern.
Durch die Kurzlebigkeit und Versamungsfreudigkeit ist es nicht allzu standorttreu, bringt dadurch aber eine anregende Spontanität in die Flächen.
Auffällig ist die enorme Beliebtheit der Blüten bei Hummeln, Bienen und Schmetterlingen.
Im Handel ist die Art zumindest im Direktversand oder als Saatgut sicher zu erhalten.
Das blaue Wunder: Gemeine Natternzunge und Saat-Lein (Linum usitatissimum)
Kultur
Auf allen möglichst sonnigen, etwas stressbetonten Standorten, deren Vegetationsdecke nicht zu dicht schließt, ist die Gemeine Natternzunge ohne weitere Mühen dauerhaft zu kultivieren. Interessanterweise versamt sie sich am liebsten auf offenen Stellen von (schweren) Lehmböden.
Auf solchen Böden ohne gelegentlichen Trockenstress neigen die Blütenstände selbst an sonnigen Standorten zum mastigen, lagernden Wuchs. Außerdem tritt der Blütenflor hinter die Blattmassen zurück. Der Anblick ist dann ungepflegt. Will man sie auf dauerhaft frischen Substraten einsetzen, sollten diese daher relativ stickstoffarm sein.
Winterstruktur.
Ein Rückschnitt des Blütenstandes kurz vor dem Verblühen der letzten Einzelblüten sorgt bei vitalen Exemplaren relativ zuverlässig, aber nicht zwangsläufig für einen nennenswerten zweiten Blütenflor. Dieser nimmt aber eher eine kugelige Form an und erinnert nur entfernt an die Blütenschweife in der Hauptblüte. Die Blütenstände werden ziemlich genau um die Hälfte zurückgeschnitten, oberhalb der Stelle, wo in den Blattachseln die ersten Triebknospen sitzen.
Man kann aber auch einen Rückschnitt der noch ganz jungen Blütentriebe vornehmen. Dadurch entstehen blaue, halbkugelige Polster.
Sehr hübsche Kombination mit dem Wolligen Honiggras (Holcus lanatus)
Sorten:
Blue Bedder: gedrungene Auslese, bis 45 cm hoch, kürzere, verzweigte Blütenstände, so dass ein eher halbkugeliger Habitus entsteht. Einzelblüten sonst wie die Wildform.
Derartig verwachsene Blütenstände sieht man bei der Natternzunge regelmäßig.