Calamagrostis arundinacea // Wald-Reitgras
Beschreibung
Naturstandort von Calamagrostis arundinacea
Das Wald-Reitgras ist von fast ganz Europa und über Mittel-Osteuropa bis Sibirien, über Klein-Asien bis Zentral- und Ost-Asien von den Tieflagen bis in montane Höhen verbreitet.
An dieser Stelle werden aber nur die europäischen Populationen betrachtet. Die ost-asiatischen Typen wurden lange als eigenständige Art "Calamagrostis brachytricha" betrachtet und erhalten aufgrund deutlicher optischer Unterschiede ein eigenes Datenblatt.
In Gebirgslagen werden auch sehr sonnige Standorte besiedelt.
In Deutschland hat Art ihren Verbreitungsschwerpunkt zwischen Harz, Thüringer Wald und Erzgebirge. Ansonsten ist es überall nur zerstreut anzutreffen, in der westdeutschen Tiefebene fehlt sie weitgehend.
In der Schweiz hat Calamagrostis arundinacea einen auffälligen Schwerpunkt im Tessin, findet sich aber vereinzelt auch in den Voralpen, im Wallis, Mittelland und Jura.
Die Blüten und Samenstände der Wildform des Wald-Reitgrases sind unscheinbarer als die kultivierte 'Waldenbuch'. Trotzdem sieht die Kombination mit Epilobium angustifolium hier elegant aus.
Calamagrostis arundinacea besiedelt vorrangig sonnige bis licht absonnige Stellen/Ränder von Hainsimsen-Buchen-Wäldern des Berglandes bzw. der subalpin anschließenden Tannen-Mischwälder. Darüber hinaus kommt es v.a. in den Mittelgebirgen regelmäßig in standörtlich entsprechenden Schlag- und Waldlichtungsfluren sowie in montanen Hochgrasfluren vor.
In tieferen Lagen ist sie vorrangig an lichten Stellen in frischen Auspägungen basenarmer Eichen-Hainbuchen-Wälder anzutreffen.
Typischer Standort im montanen Tannen-Fichten-Wald und dank Stickstoffarmut nicht wucherndem Adlerfarn.
Die Substrate sind mäßig nahrhaft und sauer bis schwach alkalisch.
Ökologische Zeigerwerte nach ELLENBERG ... zur Legende
Licht (6) Temperatur (5) Kontinentalität (4) Feuchte (5) Reaktion (4) Stickstoff (5)
'Waldenbuch' zur Vollblüte in der dritten Juni-Woche mit Phlomis russeliana,
Tanacetum macrophyllum und malerischem Katzenmotiv.
Beschreibung
Das Wald-Reitgras ist ein sommergrünes, aufrecht wachsendes Horstgras. In milden Wintern bleiben die Blätter mitunter grün bzw. treiben bereits im Spätwinter wieder aus. Das Laub verfärbt sich anders als beim Diamant-Reitgras im Herbst nicht.
Es erreicht Wuchshöhen von 80 bis 120 (150) cm. Die schlanken, grünlich-alt-rosa-farbenen Blütenrispen erscheinen ab Mitte Juni.
Die stroh-gelben Samenstände sind bis in den nächsten Frühling hinein strukturstabil und zierend.
Zusammen mit dem Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos) ist es eine der Elternarten des häufig in Staudenbeeten verwendete Garten-Reitgras (Calamagrostis x acutiflora). Nahezu unbemerkt ist es also einer der Stars der modernen Gartengestaltung. Die Blüten- und Samenstände des Garten-Reitgrases wirken dichter und straff aufrechter.
Calamagrostis arundinacea 'Waldenbuch' zusammen mit Klatschmohn 'Bridal Silk' und Echinacea pallida 'Hula Dancer'.
Im Handel erhält man anstelle der europäischen Form von Calamagrostis arundinacea in aller Regel die als Diamant-Reitgras (Calamagrostis brachytricha) berümt gewordene asiatische Unterart "Calamagrostis arundinacea ssp. brachytricha". Sie unterscheidet sich optisch mit den voluminösen Blüten- und Samenständen, der deutlich späteren Blütezeit und der herbstlichen Laubverfärbung doch recht deutlich von der europäischen Form und wird daher hier weiterhin auch in einem eigenen Datenblatt gewürdigt.
Eine zierlichere Alternative insbesondere für kleinere Gartenräume ist das schon im Juni aufblühende, deutlich zartere Berg-Reitgras (Calamagrostis varia) mit ebenfalls winterstabilen, sehr schlanken und etwas überhängenden Samenständen.
'Waldenbuch' zeigt hier den Übergang von der Vollblüte im Vordergrund und der einsetzenden Samenreife im Hintergrund.
Verwendungshinweise
Calamagrostis arundinacea ist in der Wildform etwas unscheinbar, in der handelsüblichen Sorte 'Waldenbuch' aber ein sehr ansprechendes Ziergras für sonnige bis absonnige, frische und nicht zu stickstoffreiche Standorte. Es entwickelt einen überzeugender Habitus durch im oberen Drittel unbelaubte Blütenstiele über kompaktem Laubwerk.
Insbesondere 'Waldenbuch' ist als Bestands- und Strukturbildner sehr vielseitig einsetzbar. Sie kommt sowohl in repräsentativen Staudenpflanzungen als auch in naturhaften, wiesenartigen Unterpflanzungen lichter Baumbestände oder in nicht zu trockenen Alpinarien gut zur Geltung.
Gerade in betont naturalistischen Pflanzungen wirkt sie mit dem luftigeren Habitus glaubwürdiger als die Garten-Reitgräser. In natürlichen Waldlichtungsfluren ist es gerne mit Schmalblättrigem Weidenröschen, Adlerfarn, Gewöhnlicher Goldrute oder Rotem Fingerhut vergesellschaftet.
Wenn es als flächige Matrix eingesetzt werden soll, sollte zwischen den Horsten oder zumindest zwischen kleineren Gruppen Abstände eingehalten werden. Die Flächenstruktur ist weniger monoton, wenn die Individuen erkennbar bleiben. Alternativ oder ergänzend können in Wald-Reitgras-Flächen auch starke Elemente des gärtnerischen Willens eingebracht werden (z.B. Formschnitt-Gehölze).
In kleineren Anlagen oder in Kübeln eignet es sich auch als Solitär, wobei insbesondere die laubbunten Sorten des Garten-Reitgrases starke Alternativen sind.
Die Wildform des Wald-Reitgras wird praktisch nicht gehandelt. Will man nicht das Diamant-Reitgras geliefert bekommen, bestellt man Calamagrostis x acutiflora 'Waldenbuch'.
Die Winterstruktur ist sehr überzeugend, auch in der praktisch nie verwendeten Wildform.
Kultur
Auf geeigneten Standorten ist das Wald-Reitgras mit geringem Pflegeaufwand zu kultivieren.
Auf vollsonnigen und häufiger trockenfallenden Standorten schwächelt es etwas, hält aber insgesamt gut durch. Basen- bzw. kalkreiche Substrate sind in Kultur dagegen unproblematisch.
Auf sehr nahrhaften und dauerfrischen Böden leidet die Standfestigkeit. Besser sind ärmere Substrate und/oder gelegentlicher, kurzer Trockenstress.
Es neigt zumindest in der handelsüblichen Sorte 'Waldenbuch' nicht zur Selbstaussaat, weil es sich um einen selbststerilen Klon handelt.
Die Samen der Wildform (oder von der Wildform bestäubte `Waldenbuch'-Samen) keimen bei gleichmäßiger Feuchte zwischen 15 und 20 Grad zuverlässig und benötigen keinen Kälteimpuls. Saatgut wird allerdings nicht gehandelt.
Sorten:
Waldenbuch: deutlich größere Blüten- und Samenstände als die Wildform, auffällig breites, dunkel-grünes Laub, 100-150 cm hoch, meist als Calamagrostis x acutiflora 'Waldenbuch' im Handel