Artemisia absinthium // Wermut
Beschreibung
Naturstandort von Artemisia absinthium
Der Wermut stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, vom Balkan, aus Kleinasien bis zum Kaukasus und Vorderasien. Er ist in Mitteleuropa als alte Heil- und Kräuterpflanze als Archaeophyt verbreitet eingebürgert.
In weiten Teilen Nord- und Südamerikas, Asiens und Australiens ist die Art ein eingebürgerter Neophyt.
In Deutschland gilt Artemisia absinthium als eingebürgerter Neophyt. Die wärmeliebende Art hat einen auffälligen Verbreitungsschwerpunkt in der ostdeutschen Tiefebene und ist ansonsten nur zerstreut anzutreffen.
Blühender Wermut am Weges- und Ackerrand zusammen mit Rainfarn in einer ruderalen Staudenflur.
Der Wermut ist eine Kennart der Eselsdistel-Gesellschaften und der halbruderalen Halbtrockenrasen. Typische Habitate sind wechseltrockene, südexponierte Böschungen und Ackerränder auf Lehmböden mit guter stickstoff- und basenversorgung.
Die Standorte sind wärmebegünstigt, vollsonnig und mäßig trocken bis frisch.
Ökologische Zeigerwerte nach ELLENBERG ... zur Legende
Licht (9) Temperatur (6) Kontinentalität (7) Feuchte (4) Reaktion (7) Stickstoff (8)
Herbstaspekt von 'Lambrock Silver'
Beschreibung
Artemisia absinthium ist eine sommergrüne, horstige Staude bzw. Halbstrauch mit verholzender Basis. Nach milden Wintern treibt sie strauchartig aus dem vorjährigen Holz aus. Sie erreicht Wuchshöhen von 60 bis 100 cm.
Das gefiederte Laub ist silbrig-grau-grün, in Auslesen auch silbrig. Ohne nennenswerte Frosteinwirkung bleiben die Pflanzen wintergrün. Erst bei längeren Frostpahsen von weniger als vier bis fünf Grad Minus fallen die Blätter.
Die grünlich-gelbe Blüte im Juli/August ist unscheinbar, die blühenden Triebe erinnern durch ihre kleinen, mehr oder weniger ganzrandigen Blätter eher an Geißfüße und tendieren daher etwas zu einem "Unkraut-Habitus".
Interessanter Vorgarten mit Anklängen an eine Ruderal-Vegetation: 'Lambrock Silver', Garten-Feinstrahl, Seidige Königskerze, Woll-Ziest, Fenchel, Banater Kugeldistel
Die gesamte Pflanze duftet stark aromatisch. Aus den Blättern ud den oberen Stengelabschnitten werden Tinkturen, Presssäfte oder Tees zubereitet. Sie werden eingesetzt bei Magen-Darm-Beschwerden - oder sozusagen vorsorglich als Gewürz für fettige Fleischgerichte.
Wermut ist außerdem das Hauptgewürz für den - weitgehend zu Unrecht berüchtigten - Absinth-Bitter-Likör. Herstellung und Konsum von Absinth war Anfang des 20. Jahrunderts verboten worden, ist heute aber unter Einhaltung von Grenzwerten für den Wirkstoff Thujon wieder zugelassen.
Verwendungshinweise
Wermut verbreitet eine warme Atmosphäre und stellt eine gute, unaufdringliche Bereicherung in naturhaften oder ländlichen Staudensäumen dar, vor deren Hintergrund Blütenstauden sehr gut zur Geltung gelangen.
Die farbstärkere, kompaktere Auslese "Lambrock-Silver" ist der Wildform fast immer zu bevorzugen. Letztere hat v.a. auf nahrhaften Standorten ohne gelegentlichen Trockenstress ab Ende Juni einen ungepflegten Habitus. Hier schafft allerdings ein Rückschnitt alle paar Wochen für Abhilfe und auch der Auslese 'Lambrook Silver' gereichen gelegentliche Schnittmaßnahmen optisch zum Vorteil.
'Silverado' vor der Blüte zwischen Wolligem Honiggras.
Das Steppen-/Kiesgartenthema erfährt mit dem Wermut eine aparte Interpretation, auch wenn er keine eigentliche Steppenart ist. Außerdem kommt eine Kombination nur mit kräftigen, mittelhohen bis hohen Stauden und Gräsern in Frage.
Schöne, gleichzeitig unaufdringliche Farbkontraste ergeben sich mit der braunlaubigen Form des Fenchels Foeniculum vulgare 'Rubrum'.
Häufiger und ebenso effektvoll wird Wermut aber als Gerüstbildner in kleineren, sich wiederholenden Gruppen als fast ganzjährig prägendes Element eingesetzt. In konventionellen Rabatten kann unter Umständen ein etwas gewollter, altbackener Eindruck entstehen.
Als alte Gewürz- und Heilpflanze ist sie auch in Kloster- und Bauerngärten eine wichtige Option. Ihr wird allerdings nachgesagt, durch Wurzelausscheidungen negativ auf das Gedeihen benachbarter Pflanzen Einfluss nehmen zu können. Sollte also eine Nachbarpflanze kümmern, ist sie vermutlich der falsche Partner für den Wermut.
Der Wermut kann auch in größeren Gefäßen auf nicht zu kleinen Balkonen und Terrassen eingesetzt werden. Sehr interessant ist er v.a. in großen Gefäßen in Mischkultur mit anderen Stauden und Gräsern.
Um das Erscheinungsbild des Wermuts muss man sich immer mal wieder kümmern, andernfalls kommen rasch Zweifel am gärtnerischen Willen auf.
Kultur/Pflege von Artemisia absinthium
Auf stickstoffreichen und gleichzeitig dauerhaft frischen Böden neigt v.a. die Wildform zum mastigen, lagernden Wuchs und verfehlt ihre Wirkung. Nur bei gelegentlichem Trockenstress schon während des Austriebes im April/Mai bleibt der Wuchs einigermaßen kompakt und die Blattfärbung silbrig-grün.
Die Standorte sollten daher skelettreich-durchlässig und unbedingt (voll)-sonnig sein. Im ersten Jahr nach der Pflanzung ist es für die Etablierung dann aber vorteilhaft, wenn längere Trockenphasen mit Bewässerung überbrückt werden können.
'Großblättriger' ist auch ohne Rückschnitte ein sehr guter, hervorragend wintergrüner Blattschmuck-Halbstrauch.
Förderlich für das Wuchsbild ist es generell, mehrfach während der Wuchsperiode Rückschnitte vorzunehmen. Auch sehr tiefe Rückschnitte werden dabei nicht übel genommen. Bleibt dabei die Blüte aus, ist das ästhetisch meist kein Verlust. Das Laub bleibt dadurch im Herbst länger erhalten und die eher unstrukturierten Blütenständen sind ohnehin nur in sehr naturalistischen Pflanzungen gewinnbringend.
Die Art ist ansonsten sehr robust und benötigt nach der Etablierung keine gärtnerische Unterstützung.
Der Wermut versamt sich in der Regel willig selbst. Man kann aber nicht sagen, dass er dabei wirklich lästig würde, da sich die Sämlinge unter Konkurrenzdruck kräftiger Begleitstauden selten durchsetzen können.
Es lassen sich aber auch leicht im Sommer Kopf-Stecklinge zur Bewurzelung bringen. Außerdem bewurzeln sich niederliegende Triebe bei Bodenkontakt zuverlässig.
'Silver Frost' ist auch ohne ständige Schnitt-Interventionen über ästhetische Zweifel erhaben - leider ist er nur mäßig vital und kaum zu beziehen.
Sorten:
Bei den Zuordnungen der Sorten scheint es große Unsicherheiten zu geben. Dies wird nicht zuletzt auch daran liegen, dass die Sorten recht variabel versamen. Im Handel sind zudem nur 'Lambrock Mist' und 'Lambrock Silver' sicher erhältlich. Der Unterschied zwischen diesen beiden ist dabei eindeutig zu vernachlässigen.
Großblättriger: 100-120 cm hoch, silbrig-graues, großlappiges Laub, sehr gut wintergrün, Erntesorte mit hohen Anteilen von Bitterstoffen, wird als Samensorte vertrieben, etwas variabel, gut standfest, generell hervorragende Blattschmuckstaude
Huntington: 100 cm hoch, silbrig-graues, fein geteiltes Laub mit wenig Grünanteil, kaum im Handel
Lambrock Mist: 70-80 cm hoch, 80 cm hoch, breit-buschiger Wuchs, grünlich-graues Laub, etwas stärker geteilt als bei der Wildart
Lambrook Silver: 80 cm hoch, breit-buschiger Wuchs, grünlich-graues Laub, etwas stärker geteilt als bei der Wildart
Silverado: 60-120 cm hoch, standfest-aufrechter Wuchs, silbrig-grau-grünes Laub, etwas feiner geteilt als die Wildart, variabel in der Größenentwicklung, aufgrund der Standfestigkeit dennoch zusammen mit 'Großblättriger' die derzeit vielleicht beste Auslese
Silver Frost: 40-50 cm hoch, silbrig-graues, fein geteiltes Laub mit wenig Grünanteil, keine oder nur schwache Blüte, intensiv mild-aromatischer Duft bei Berührungen, kaum im Handel, mäßig vital und eingeschränkt winterhart, evtl. hybridisiert mit Artemisia arborescens?
Variegata: 80 cm hoch, grau-grün mit weißen Sprenkeln, praktisch nicht im Handel
Prächtiger Bestand am Wegesrand in der Uckermark.