Naturstandort von Rhus typhina: Der Essigbaum stammt aus den östlichen USA, wo er auf trocken-warmen, skelettreichen Rohböden in Prärie- und Savannen-Gebüschen, in sonnigen Waldrändern und in Ruderalfluren von der Hügelstufe bis in hochmontane Regionen wächst.
Rhus typhina dringt auch invasiv in brachfallende, trockene wie feuchtere Magerwiesen ein, wo er dichte, nahezu krautschichtfreie Gebüschgruppen bildet. Diese Gebüsche leiten die Wiederbewaldung ein, da Klimaxbaumarten unter Essigbaum-Dickichten günstige Keimbedingungen vorfinden.
Typischer Bestand an einer Straßenböschung in Herbstfärbung
In weiten Teilen des gemäßigten
Europa ist Rhus typhina neophytisch eingebürgert. In
Deutschland und auch in der
Schweiz bürgert sich die Art massiv in Siedlungsnähe in trocken-warmen, nahrhaften Ruderalfluren auf sandigen oder schottrigen Substraten ein. Da sie sich kaum versamt, ist ihr Ausbreitungspotenzial in die freie Landschaft und damit die Bedrohung z.B. von artenreichen Magerrasen begrenzt.
Hochstämme bieten einen malerischen Wuchs.
Beschreibung
Der Scharlach-Essigbaum ist ein sommergrüner, durch weitstreichende Wurzelausläufer breit-buschiger Strauch von 4 (6) m Wuchshöhe oder bis 10 m hoher, kurz und/oder mehrstämmiger Kleinbaum mit im breiter, schirmartiger Krone. Baumförmige Exemplare entwickeln normalerweise keine Wurzelausläufer mehr.
Die grünliche Blüte im Juli steht in dichten Rispen und zieht v.a. Bienen stark an. Die Blüte selbst ist unauffällig, während der weinrote, aufrecht stehende Fruchstand zierend ist. Die Samen reifen in Mitteleuropa in der Regel nicht aus.
Die Fruchtstände bleiben über Winter am Baum und verleihen dem Habitus zusammen mit der geweihartigen Verzweigung eine charakteristische Winterstruktur. Bedeutsam ist außerdem die spektakuläre, orange-rote, leuchtende Herbstfärbung.
Rhus typhina ist v.a. auf nahrhaften Böden schnellwüchsig, allerdings für ein Gehölz relativ kurzlebig.
Gelegentlich wird die Art auch unter dem Synonym "Rhus hirta" behandelt.
Gut erzogene Solitäre in einer gepflegten Parkanlage
Verwendungshinweise
Der Essigbaum ist eine in suburbanen Siedlungen und urbanisierten Dörfern sehr beliebtes Ziergehölz. Sein neophytischer Charakter bringt ihn zudem in Assoziation mit gestörten Plätzen. Seine Hochzeit hatte die Art in den 1960er bis in die frühen 1980er Jahre und ist danach etwas aus der Mode gekommen. Er feiert derzeit ein kleines Comeback in dynamischen Prärie-Pflanzungen.
Ein Einsatz in anspruchsvollen Anlagen kommt eigentlich nur in Sonderfällen in Frage, obwohl er objektiv betrachtet ein durchaus attraktives Gehölz ist.
Typische Verwendung im dörflichen Kontext
Um seine überkommene Ausstrahlung abzustreifen, muss er aber in sehr exklusivem Umfeld bzw. in ungewohnten Situationen verwendet werden, in dem man ihn nicht vermuten würde.
Denkbar sind z.B. Solitärstellungen als mehrstämmige Schirmform in gepflegten Parkanlagen auf weitläufigen Rasenflächen oder in reduktionistischen Gestaltungsansätzen an hochwertiger, moderner Architektur. In beiden Fällen muss dem Essigbaum sehr viel Raum gelassen werden. Die einstämmige Baumform ist aber auch in repräsentativen Situationen nur mit viel Kreativität gewinnbringend integrierbar.
Dynamische Bilder entstehen in prärieartigen Anlagen, wenn die Sträucher alle zwei bis drei Jahre auf den Stock gesetzt wird. V.a. die Herbstfärbung in Kombination mit den Samenständen hoher Ziergräser - typischerweise wird auf
Calamagrostis x acutiflora zurückgegriffen - bietet sehr ansehnliche Bilder.
Durchaus apart ist die geschlitztblättrige Form "Dissecta".
Ein Einsatz in pflegefreien öffentlichen Grünanlagen und Straßenbegleitgrün kommt trotz der Anspruchslosigkeit nicht wirklich in Frage, da die Flächen dann noch ungepflegter wirken.
'Dissecta' verhält sich kaum expansiv und kann relativ sorglos verwendet werden.
Kultur
Die lichtliebende, ansonsten extrem anspruchslose Art benötigt auch aufgrund der Wurzelausläufer ausreichend Platz.
Die Ausläufer können in Pflanzflächen sehr lästig werden, v.a. nach Rückschnitt der Haupttriebe setzt meist enormes Ausläuferwachstum ein. Kräftige Wurzelsperren werden aber respektiert. In Rasen-Flächen beseitigt der häufige Rasenschnitt die Ausläufer automatisch ohne Mehraufwand.
Schnittmaßnahmen: Strauchformen werden mit 3-5 Gerüsttrieben aufgebaut. Nach innen wachsende Seitenäste werden ausgelichtet. Bodentiefe Verjüngungsschitte von alten Gerüsttrieben können die Bildung von Wurzelschößlingen stark befeuern, v.a. wenn mehrere Gerüsttreibe gleichzeitig beseitigt werden.
'Dissecta' überzeugt auch im Winter mir Samenschmuck und bizarrem Habitus.
Sorten:
- Dissecta: schwachwüchsiger 3/6 m hoch/breit, mit fein fiederteiligen Blättern, breit, halb-niederliegender, bizarrer Wuchs, nur strauchförmig, geringe Neigung zur Ausläuferbildung
- Tiger Eyes: Dissecta-Auslese mit hell-grünem Blattaustrieb und gelblich-grüner Sommerfärbung, Blattränder nicht fiederteilig sondern tief eingeschnitten (selten im Handel)